Magische Winter
Veer Lyrik-Äöversetten mit Biller



Kiesel. Digitaalbild vun Ludgerd Lüske. Klick up tau'n Vergröttern!

Wenn es Winter wird

Der See hat eine Haut bekommen,
sodass man fast drauf gehen kann,
und kommt ein großer Fisch geschwommen,
so stößt er mit der Nase an.
Und nimmst du einen Kieselstein...

und wirfst ihn drauf, so macht es klirr
und titscher — titscher — titscher — dirr...
Heißa, du lustiger Kieselstein!
Er zwitschert wie ein Vögelein
und tut als wie ein Schwälblein fliegen —
doch endlich bleibt mein Kieselstein
ganz weit, ganz weit auf dem See draußen liegen.
Da kommen die Fische haufenweis
und schaun durch das klare Fenster von Eis
und denken, der Stein wär etwas zum Essen;
doch so sehr sie die Nase ans Eis auch pressen,
das Eis ist zu dick, das Eis ist zu alt,
sie machen sich nur die Nasen kalt.
Aber bald, aber bald
werden wir selbst auf eignen Sohlen
hinausgehn können und den Stein wiederholen.

Christian Morgenstern (1871-1914)

Wenn dei Winter kump

Dei Sei hett eine Huut uptrocken,
so dat'm dor mutz up gaohn kann,
un lett sik dei groote Fischk anlocken,
so stött dei mit dei Näsen an.
Un gripps du einen Kieselstein
und schmiss den dr'up, so maokt dat klirr
un titscher — titscher — titscher — dirr...
Juchei, dor suust dei Kiesel hen!
Hei tirileiert as ein Väögelken
un dait as ein lüttken Schwolken schwäven —

man tauleßte dait mien Kiesel denn
heel wiet, heel wiet up den Sei Ruhe gäven.
Dor kaomt dei Fischke hoopenwies
un kieket dör dat klore Fensterlock ut Ies
un meent, dei Stein is eine moje Spies;
dei drückt dei Näsen gau an't Ies,
dat Ies is tau dick, dat Ies is tau old,
dei maokt sik blots dei Näsen kold.
Aover bold, aover bold
käönt wi sülvs up eigen Saohlen
rutgaohn un den Stein wer trüggehaolen.

Südollnborger Platt: Ludgerd Lüske 2011





Nävel. Digitaalbild vun Ludgerd Lüske

Im Nebel

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
kein Baum sieht den andern,
jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
als noch mein Leben licht war;
nun, da der Schleier fällt,
ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
der nicht das Dunkel kennt,
das unentrinnbar und leise
von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
jeder ist allein.

Hermann Hesse 1914

In’n Nävel

Seltsaom kanns dör’n Nävel wannern!
Einsaom ist dor Buschk un Steihn,
Kien Boom süht den annern,
jedein’n is allein.

Vull mit Frünnen was för mi dei Welt,
as noch mien Läben lecht was;
nu, dei Schleier nich mehr tellt,
nümms mehr in Sicht was.

Woahrhaft, kienein’n is Wies,
dei nich dat Düüstern kennt,
dat fastbunnen un lies‘
van aals üm trennt.

Seltsaom, kanns dör’n Nävel wannern!
Läben kann so einsaom wän.
Kien Menschk süht den annern,
jedein’n is allein.

Südollnborger Platt: Ludgerd Lüske 2011




Elvkäönig. Digitaalbild vun Ludgerd Lüske. Klick up tau'n Vergröttern!

 

 

 

 

Wo dei Elvkäönig herkump:

Grimm, Jacob/Grimm, Wilhelm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1860:

"[...] in herders stimmen der völker
(1778) wurde das dän. ellekonge, d.i.
elverkonge, elvekonge, also elbkönig,
elbenkönig, beherrscher der elbe (sp.
400) falsch übersetzt, was hernach auch
göthen verführte. einen erlkönig gibt es
in keiner sage."

Der Erlkönig

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
er fasst ihn sicher, er hält ihn warm.

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig, mit Kron' und Schweif!
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.

Dei Elvkäönig

Wer ritt so laot' dör Nacht un Wind?
Et is dei Vaoder mit sien Kind;
Hei hett den Jung'n fast in den Arm,
hei faot' üm behöd, hei hollt üm warm.

Mien Säöhn, wat woahrs du so bang dien Gesicht?
Sühs, Vaoder, du den Elvkäönig nich?
Den Elvkäönig, mit Kron' und Tand!
Mien Säöhn, et is blots ein Nävelband.

Du liebes Kind, komm geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel' ich mit dir,
Manch' bunte Blumen sind an dem Strand,
meine Mutter hat manch gülden Gewand.



Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht
was Erlenkönig mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säuselt der Wind.

Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
meine Töchter führen den nächtlichen Reihn,
und wiegen und tanzen und singen dich ein.

Du leivet Kind, kumm gaoh mit mi!
Goar moje Spille späl ik mit di,
Mank bunte Blaumen sünd an dat Euver,
miene Mauder treckt sik wat Goldiget äöver.

 

 

 

 

 

 

Mien Vaoder, mien Vaoder, hör doch nich weg
wat Elvkäönig mi sachte tausegg.
Wäs ruhig, bliev ruhig, mien Kind;
in sore Blööre russelt dei Wind.

Wu's, moje Jung', du nich mit mi gaohn?
Miene Wichter schäöllt di wat gauet daun;
miene Wichter danzet nachts ünnern Boom,
un weegt un danzt und bringt di den Droom.

Mein Vater, mein Vater und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düsteren Ort? —
Mein Sohn, mein Sohn! Ich seh es genau!
Es scheinen die alten Weiden so grau! —

Ich liebe dich! Mich reizt deine schöne Gestalt;
und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt.
Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan!

Den Vater grauset's, er reitet geschwind,
er hält in den Armen das ächzende Kind,
erreicht den Hof mit Müh und Not;
in seinen Armen das Kind war tot.

Johann Wolfgang von Goethe

Mien Vaoder, mien Vaoder un sühst du't nich fort'
Elvkäönig sien' Wichter an'n düüstern Oort?
Mien Säöhn, mien Säöhn! Ik wer dat woll wies!
Dor schient dei olden Weern so gries!

Du büs mien Leiv! Ik hebb so'n Verlang';
un wullt du nich mit, so kaom ik mit Dwang.
Mien Vaoder, mien Vaoder, nu gripp hei mi an!
Elvkäönig güng mit Leipkeit vöran.

Dei Vaoder an't Gruusen, hei ritt dör den Wind,
hei hollt in dei Arms dat stöhnen Kind,
kump up den Hoff mit Maihte un Nood;
in siene Arms dat Kind was dood.

Südollnborger Platt: Ludgerd Lüske 2011





Iesnacht. Digitaalbild vun Ludgerd Lüske. Klick up tau'n Vergröttern!

Eisnacht

Wie in Seide ein Königskind
schläft die Erde in lauter Schnee,
blauer Mondscheinzauber spinnt
schimmernd über der See.
Aus den Wassern der Raureif steigt,
Büsche und Bäume atmen kaum:
durch die Nacht, die erschauernd schweigt,
schreitet ein glitzernder Traum.

Clara Müller-Jahnke (1860-1905)

Iesnacht

In Siede as ein Käönigskind
schlöpp dei Eern in'n hoogen Schnei,
dat blaw blinken Maondlecht spinnt
ein Schemmern äöver'n Sei.
Ut dat Waoter sachte Rauriem stigg,
kien Aom deit nu Buschk un Boom:
dör dei Nacht, dei schuurig schwigg,
stappt ein glemmen Droom.

Südollnborger Platt: Ludgerd Lüske 2011


3.2.2011

trüch


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