Abend auf Golgatha
Gottfried Keller

S'aobends up Golgaotha
Äöversetten: Ludgerd Lüske

Eben die dornige Krone geneiget, verschied der Erlöser,
Weißlich in dämmernder Luft glänzte die Schulter des Herrn;

Siehe, da schwebte, vom tauigen Schimmer gelockt, die Phaläne
Flatternd hernieder, zu ruh'n dort, wo gelastet das Kreuz.

Langsam schlug sie ein Weilchen die samtenen Flügel zusammen,
Breitet' sie aus und entschwand fern in die sinkende Nacht.

Nicht ganz blieb verlassen ihr Schöpfer, den Pfeiler des Kreuzes
Hielt umfangen das Weib, das er zur Mutter sich schuf.

Jüst bi'd hangen dorn'ge Kronen, dei Erlöser störv,
lecht in daoke Luft glemmt den Herrgott siene Schullern,

Süh, dor schwävt, van' daigen Schemmer locket,
dei Nachtvaogel fluttern daol, wor lasten dö dat Krüz.

Sachte klappde dei för'n Wiel siene samtigen
Flunken tausaom'm, schlöög dei wer up un flöög af in dei fallen Nacht.

Nich heel verlaoten bleev sien Schöpper, üm den
Pieler van dat Krüz faot' ümmetau dat Wief, dat hei as Mauder nöhm.



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