WichernJohann Hinrich Wichern
21.04.1808 - 07.04.1881

De goot is, de kriggt vun den Herrn sien Wohlgefallen,
avers een, de tücksch is, den süht hei as gottloos an.

Spröök Salomos, 12,2

De Baas vun't Ruge Huus

Wokeen weer denn Johann Hinrich Wichern? Wi fiert al so veel Lüüd dit Johr, dat een ganz dörcheenanner kümmt. De Hamburger Seemanskark ward 100 Johr, de Fischmarkt is al 305 Johr old, mit Wilhelm Busch und Paula Modersohn Becker hebbt se in Festakte wat anstellt. Bugenhagen Pomeranus stürv vör 450 Johr. Un nu noch Wichern?

Wat weer dat för een Tiet, as hei an't Wark güng?

Wichern analysierte die Umstände in den Elendsquartieren und schrieb genaue und detaillierte Berichte. In der "Öffentlichen Begründung des Rauhen Hauses" ist Folgendes zu lesen:

"Ich bitte, mir im Geiste in diese Wohnungen zu folgen. In der Tür gerade an wohnt eine Frau, die als Kind mit Mutter und Geschwistern bei Nacht von dem trunkfälligen Vater auf die Straße getrieben zu werden pflegte. Als die Eltern gestorben waren, verehelichte sie sich und wurde Mutter von einem Sohne, der jetzt, etwa 17 Jahre alt, tagaus, tagein Lumpen und Knochen sammelt. Nach dem Tode des ersten Mannes trat die Frau in eine wilde Ehe mit einem andern Manne […]. Der Mann ist gestorben und hat das Weib als Mutter von zwei Kindern zurückgelassen; das eine von diesen ist ein niedlicher Knabe von sechs bis sieben Jahren, der hilflos in diesem Jammer herumschleicht, das andere ein zwölfjähriges Mädchen. Seit vielen Jahren stockblind. Geistige Nahrung irgendwelcher Art ist ihr bis vor kurzem nie geboten. […] Das Erwähnte aber zeugt von einem merkwürdigen und bedeutungsvollen Erbteile, welches die unglücklichen Kinder von ihren Eltern empfangen haben. Diesem Sahle gegenüber wohnt in einer anderen Tür ein wilder Mensch, ein Wall- oder Chauseearbeiter, ein entsetzlicher Trunkenbold; eine Kinderbettstelle, ein wenig zerbrochenes anders Mobiliar und ekelhafter Schmutz füllen diese Behausung. Zwei junge Kinder von gewaltiger Leibesform, welche des Guten, das ihnen geboten wird, lachen, und den Tag über sich umhertreiben. […] Bis zum letzten Frühjahr hatte dieser Mensch einen Neffen bei sich, der seinen Vater und seine Mutter nie gesehen hat; derselbe ist 18 Jahre alt, sammelte bis zum vorigen Winter am Tage Lumpen, aus denen er des Nachts seine Kopfkissen bereitete; Wäsche hatte er im letzten Winter nicht auf seinem Leibe. Seit dem Frühjahr dient er bei einem Hufschmied, ist noch nicht konfirmiert, kann weder lesen noch beten, hat es auch nicht lernen wollen, so fleißig er dazu ist angetrieben worden.[…] Eine Treppe höher in einer Dachwohnung [leben] in wilder Ehe [andere Leute]. Der Mann schneidet Schwefelhölzer, das Weib unterstützt ihn dabei, ein kleiner Knabe muß die Ware verkaufen helfen. […] Er ist minder glücklich als seine in rechtmäßiger Ehe geborenen elf Geschwister, die alle bis auf eine zehnjährige Schwester bereits verstorben sind. Vor einigen Jahren hatten jene Menschen (dürfen wir sie noch Eltern nennen?) den armen Knaben eingesperrt, um ihn erfrieren und verhungern zu lassen. Das Gewinsel des Knaben zog die Nachbarn herbei; so ist er gerettet, hat aber an dem einen Fuß einen Teil der Zehen, und an einer Hand die Hälfte der Finger eingebüßt." (Quelle: Wikipedia)

Fraag man to'n Sluß noch noch maal, wokeen Wichern weer! — Johann Hinrich Wichern wöör an'n 21. 04. 1808 in Hamborg born un stürv dor ok an'n 07. 04. 1881. Hei weer de Öllst von söven Geswister. Sien Vadder harr sik ruparbeidt to so een Oort Notaar. Dat güng jüm in de gootbörgerlich, christlich Familje recht goot, wenn se ok kein groot Sprüng maken kunnen.

As Johann 15 Johr old weer, stürv sien Vadder. Hei müßt de Höger School verlaten un för de Familje dat Geld ranschaffen. Dat kunn hei as Uptrecker in en privaat Internaatsschool. Nevenbi halte hei dat Abituur na. De "erwecklichen Kreise" un Fru Sieveking tahlten em en Stipendium. Hei studeerte in Göttingen un Berlin. Dor slööt hei sik den Mitarbeiderkrink vun Baron Kottwitz an, de sik vun en entschieden Christenfrömmigkeit her üm de Armen in de Grootstadt kümmerte, so in de "Beschäftigungsanstalt in der Kaserne am Alexanderplatz".

1832 weer hei mit sien theoloogsch Studeern trecht.

In't sülve Johr övernehm hei een Steed as Oberliehrer an de vun twei Hamborger Christenlüüd inricht Sünndagsschaul in de Karkengemeind St.Georg, een weer Jehann Oncken.

Johann Gerhard Oncken, Grünner vun de Sünndagsschool
Johann Gerhard Oncken, Grünner vun de Sünndagsschool
(Bild ut Wikimedia Commons, Heiko Evermann)

Bedsåål vun de Sünndagsschool
Bedsåål vun de Sünndagsschool
(Bild ut Wikimedia Commons, unbekannte Teikner)

Amalie Sieveking. Bild: Wikimedia Commons, Hans Hinrich Port
Amalie Sieveking. Bild: Wikimedia Commons, Hans Hinrich Port

St. Georg weer to de Tiet wohrhaft een Elennsquarteer. Hierher harrn se in't Middelöller de Pestkranken un Utsätzigen afschåven. Hier stünn de Galgen. Wichern

güng in en Besökerverein, de de Öllern vun de Sünndagschoolkinner to Huus besöchte. So liernte hei de schrieen Armoot un Hüsungsnoot, de geistige un sittliche Verkamenheit in Hamborg kennen.

In den Hamborger Stadtdeil Horn grünnte hei na een Johr en Anstalt "zur Rettung verwahrloster und schwer erziehbarer Kinder". De Grünnenversammlung weer an'n 12. September 1833. De Hamborger Syndikus, en Verwandter vun Amalie Sieveking, harr en Eck Land mit en lütte Kaat. "Ruges Huus" sään de Lüüd dortau. Dat överleet hei Heinrich für sien Vörhåben. Wichern tröök mit sien Mudder un Süster an'n 31. Oktober in dat "Ruge Huus".

Kaat up't Gehöfft vun't "Ruge Huus"
Kaat up't Gehöfft vun't "Ruge Huus" (Bild ut Wikimedia Commons, unbekannte Teikner)

Gautshoff "Ruges Huus"
Gautshoff "Ruges Huus" (Bild ut Wikimedia Commons, unbekannte Künstler)

Se sammelten Geld un bröchten 6500 Mark tosamen. Al Enn 1833 harr Wichern 12 Jungs in sien Huusgemeinshopp upnahmen. De Tahl wöör jümmer grötter, so dat se niege Hüüs buun müßten. — 10 bit 12 Jungs wahnten mit en "Brauder" (Betreuer) tosamen. De Bräuder bildte Wichern för ehr Upgaven ut.

So is Wichern de Mann, de dat Amt vun den nietestamentlichen Diakoon weder belevte. De vun Wichern utbildten Mannslüüd wöörn ok Armen- un Volksschoolliehrer un Soziaalarbeider.

In dat "Ruge Huus" wöörn mit de Tiet Warksteden un en Druckerie inricht. De Jungs, de utwussen in de Welt rutgüngen, harrn christlich Bildung un en Beruf. Se kunnen an ehr Levenswark gahn.

Warksteden in't "Ruge Huus"
Warksteden in't "Ruge Huus" (unbekannte Teikner)

Ganz wat Besünneres begeev sik to de Adventstied 1839. Die Jungs kunnen dat nicht aftöven, dat de Hillige Avend keem. Wichern bünn Dannengröön üm en oles Wagenrad un sette 19 rote Kersen un 4 grotte witte Kersen up dat mit witte Bänner smückte Rad. Dat hängte hei up de Deel vun de "Kaat". Elkeen Da

Adventskranz
Bild ut Wikimedia Commons, Johann Wichern

g wöör een Licht miehr ansteckt. So wüßten de Jungs jümmer, wo lang se noch töven müßten. Wichern harr den Adventskranz erfunnen.

Siet 1842 kümmt jümmer öfter in Wicherns Breif dat Word "Innere Mission" vör. Hei wull över sien Daun in't "Ruge Huus" "Werke der rettenden Liebe" in ganz Düütschland ingang bringen.
1848 hööl hei up den "Evangelischen Kirchentag" in Wittenberg en Reed to de Grünnung vun den "Centralausschuss für die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche". Disse Vorlöper vun't "Diakonische Werk" wöör an'n 11. November 1848 grünndt. — Bit 1855 entstünnen in Düütschland miehr as 100 Reddungshüüs.

För Wichern weern ok de vun de Bahn Afkamnen Christenlüüd. Vun Berlin ut, wo hei in'n Staatsdeinst güng, un dat Mustergefängnis Moabit wöör de Seelsorg för de Insparrten in de Tuchthüüs un Gefängnisse regelt. Vun 1870/71 af an bekümmerte hei sik üm de Utbillung vun Felddiakone för de Suldaten. Liekers harr hei jümmer een Oog up sien "Ruges Huus" in Hamborg.

1874 wöör Wichern dull krank. Sien Söhn Johannes övernehm de Leit vun't "Ruge Huus". 1881 stürv Johann Friedrich Wichern.

Wicherns Graff
Wicherns Graff un dat vun sien Familie (Bild ut Wikimedia Commons, Georg HH)

Wicherns WappenO kunn de Welt nich miehr solk Wark- un Glovenschristen un weniger Muulchristen hebben!
Ik will em de Ehr andoon mit de Wöör, mit de hei elkeen Kind begröten dää, dat in dat "Ruge Huus" keem:

"Mein Kind, dir ist alles vergeben. Sieh um dich her, in was für ein Haus du aufgenommen bist. Hier ist keine Mauer, kein Graben, kein Riegel, nur mit einer schweren Kette binden wir dich hier, du magst wollen oder nicht, du magst sie zerreißen, wenn du kannst, diese heißt Liebe und ihr Maß ist Geduld. Das bieten wir dir, und was wir fordern, ist zugleich das, wozu wir dir verhelfen wollen, nämlich, dass du deinen Sinn änderst und fortan dankbare Liebe übest gegen Gott und den Menschen!"

Ruges Huus hüüt
Ruges Huus hüüt (Bild ut Wikimedia Commons)


Biller un Informatschonen: Wikipedia
Plattdüütsch un Tosamenstellen: Rudi Witzke
1.6.2008


na baven